Die Benachteiligung des Arbeitnehmers durch Kündigungsfristen in Arbeitsverträgen

Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts

 

(Urteil des Sächsischen LAG vom 19.01.2016, AZ 3 Sa 406/15)

Solange in Arbeits- oder Tarifverträgen keine Regelungen zu Kündigungsfristen getroffen werden gelten die gesetzlichen Vorgaben. Diese sehen vor, dass der Arbeitnehmer innerhalb der Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende, der Arbeitgeber in Abhängigkeit zur Dauer des Arbeitsverhältnisses nur mit zunehmend längerer Frist (bis zu 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats) kündigen darf.

Der Vorteil für den Arbeitnehmer liegt auf der Hand, denn der beruflichen Sicherheit durch die längere Kündigungsfrist des Arbeitgebers steht eine hohe Flexibilität des Arbeitnehmers gegenüber.

Dieser doppelte Vorteil wird zumeist in Arbeitsverträgen eingeschränkt, denn auch Arbeitgeber haben ein Interesse, langfristig mit ihren Angestellten zu planen. Die hierfür regelmäßig gewählte Variante ist die, die Kündigungsfristen des Arbeitnehmers an die des Arbeitgebers anzupassen, sodass am Ende für beide Parteien die Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB gilt.

Dieses Vorgehen ist grundsätzlich zulässig. Auch weitergehende Vereinbarungen, die die Kündigungsfristen für beide Parteien verlängern sind zulässig - vorausgesetzt die Kündigungsfrist des Arbeitnehmers ist nicht höher als die des Arbeitgebers. Grenzen nach oben setzt das Gesetz nicht, denn grundsätzlich sind lange Kündigungsfristen für den Arbeitnehmer von Vorteil.

Einschränkungen ergeben sich dennoch, denn eine übermäßig lange Kündigungsfrist kann die berufliche Veränderung des Arbeitnehmers derart erschweren, dass eine Beeinträchtigung seiner grundrechtliche gesicherten Berufsfreiheit vorläge (Art 12 GG).

Im vorliegenden Fall enthielt die AGB des Arbeitgebers eine dreijährige Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer. Dies- so das LAG Sachsen- stellt eine derart unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar, dass die Klausel unwirksam ist und die Kündigungsfrist des Arbeitnehmers sich an den gesetzlichen Fristen orientiert.

Bei einer dreijährigen Kündigungsfrist – so das LAG Sachsen – sei es ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer „schon den Folgearbeitsvertrag in der Tasche“ habe. Er müsse also immer auf gut Glück kündigen und darauf hoffen, dass er vor Vertragsende eine angemessene Folgebeschäftigung finden würde. Dadurch wäre ein Arbeitsplatzwechsel derart erschwert, dass für einen „normal“ qualifizierten Arbeitgeber kein Vorteil ersichtlich wäre.

Arbeitnehmer sollten sich derzeit dennoch nicht auf diese Rechtsprechung verlassen. Zum einen ist zwar die Vereinbarung einer solchen Kündigungsfrist in AGB derzeit unzulässig, eine einzelvertragliche Vereinbarung bleibt möglich. Zum anderen wird sich auch das BAG noch mit dieser Frage befassen – die Revision wurde zugelassen – und möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangen als das LAG Sachsen.