„Nachzügler“-Erwerber ist nicht an Abnahme gebunden

BGH zum Wohnungseigentumsrecht

Zusammenfassung

Eine von einem Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die den vertragsschließenden Erwerber, welcher erst nach Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erwirbt („Nachzügler“), an diese bereits erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums bindet, ist aufgrund von mittelbarer Verkürzung der Verjährung nach § 309 Nr. 8b ff BGB unwirksam. Dem Bauträger ist es als Verwender dieser unwirksamen Klausel verwehrt, sich nach Treu und Glauben auf die Unwirksamkeit zu berufen (BGH Urteil v. 25.02.2016 – ZR 49/15).

Ausführliche Darstellung
Sachverhalt

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, verlangt von dem Beklagten, einem Bauträger, Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum an der Wohnungseigentumsanlage.

Das Ehepaar G erwarb eine Penthousewohnung der Beklagten, nachdem die Anlage bereits fertig gestellt worden war und die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die WEG erfolgt ist. Im notariellen Kaufvertrag wurde vereinbart, dass die Nachzügler die bereits erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die WEG gegen sich gelten lassen müssen. Erreicht wurde dies durch die Formulierung: „Das Bauwerk ist durch die Vertragsparteien oder mit schriftlicher Vollmacht ausgestattete Vertreter förmlich abzunehmen. (…) Die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums ist bereits erfolgt. Der Verkauf gilt nach Maßgabe dieser Abnahme als vereinbart.“

Nachdem sich allerdings Mängel am Wohnungseigentum zeigten, trat das Ehepaar G seine Mängelgewährleistungsansprüche an die WEG ab, die diese klageweise geltend machte. Die Beklagte hat hingegen das Vorhandensein von Mängel bestritten und überdies die Verjährungseinrede erhoben.

Das Landgericht Stuttgart hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass eine von einem Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrages verwendete Klausel, die den Nachzügler an eine bereits erfolgte Abnahme von Gemeinschaftseigentum durch die Wohnungseigentümergemeinschaft bindet, wegen mittelbarer Verkürzung der Verjährung nach § 309 Nr. 8b ff BGB, unwirksam ist. Der WEG steht mithin ein Gewährleistungsanspruch aus §§ 634 Nr. 2, 637 III BGB zu (BGH Urteil v. 25.02.2016 – ZR 49/15).

Gründe

Der BGH ist der Ansicht, dass der Anspruch des Erwerbers nicht verjährt sei. Die in den AGBs enthaltene Klausel zur Abnahme hält einer AGB-Kontrolle nicht stand und ist daher unwirksam. Aus der Klausel ergibt sich, dass der Nachzügler die von den restlichen Erwerbern erklärte Abnahme des Gemeinschaftseigentums und den damit einhergehenden Beginn der Verjährungsfrist, gegen sich gelten lassen muss. Laut dem Wortlaut der Klausel ist die bereits durchgeführte Abnahme rückwirkend als vereinbart anzusehen ist. Damit wird der Beginn der Verjährung von Mangelansprüchen bezüglich des Gemeinschaftseigentums auf einen Zeitpunkt vorverlagert, zu dem die Nachzügler „das Werk weder erworben hatten noch es ihnen übergeben war“. Daraus ergibt sich eine mittelbare Verkürzung der Verjährungsfristen, die unter das Klauselverbot des § 309 Nr. 8b ff BGB fällt. In der Konsequenz ist die Klausel insgesamt unwirksam. Eine Abnahme gegenüber den Nachzüglern ist mithin nicht erfolgt.

Eine konkludente Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch Ingebrauchnahme und anschließende Nutzung ist auszuschließen.

Die Abnahme-Klausel sieht ferner vor, dass das Bauwerk förmlich abzunehmen ist. Dem Bauträger ist es nach Treu und Glauben als Verwender verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Klausel zu berufen und damit den Einwand zu erheben, der Vertrag sei mangels Abnahme des Gemeinschaftseigentums noch im Erfüllungsstadium. Der Bauträger hat durch die unwirksame Vertragsklausel den Eindruck erweckt, dass das Erfüllungsstadium aufgrund der erfolgten Abnahme beendet sei. Da die AGB-Kontrolle ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders diene, entspricht es Treu und Glauben, dass der Bauträger Mängelgewährleistungsrechten ausgesetzt wird, obwohl eine Abnahme tatsächlich nicht stattgefunden hat.

(Joachim König, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet-und Wohnungseigentumsrecht, Juliane Rieper, Rechtsreferendarin)